Wie wir mit der Digitalisierung die Umwelt belasten

Die jüngste Studie des Französischen Think Thanks „The Shift Project“ dürfte einige Umweltaktivistinnen und -aktivisten ein schlechtes Gewissen bereitet haben. Die Ergebnisse belegen, dass die Nutzung digitaler Technologien und die dafür benötigte Infrastruktur etwa vier Prozent der globalen CO2 Emissionen verursachen. Der globale Flugverkehr im Vergleich verursacht etwa 2,5 Prozent des weltweiten CO2-Ausstoß. Insbesondere der Energieverbrauch für die eigentliche Nutzung digitaler Technologien macht den Großteil des CO2-Ausstoßes aus. Während die Produktion aller digitalen Geräte etwa 45 Prozent ausmacht, verursacht die Nutzung 55 Prozent (Tendenz steigend). [1]  

Rasante Zunahme des digitalen Konsums 

Ausschlaggebend für den hohen Energiekonsum digitaler Technologien ist die rasante Zunahme des digitalen Konsums in Industrieländern. Serien über Netflix streamen, über WhatsApp telefonieren oder Musik auf Spotify hören, gehören inzwischen genauso zu unserem digitalen Alltag wie E-Mails versenden oder Videos auf YouTube schauen. Des Weiteren verfügt der durchschnittliche Konsument über mehrere digital vernetzte Geräte wie Smartphones, Computer und Smart TVs. Im Jahr 2018 betrug das Datenvolumen des stationären Breitband-Internetverkehrs in Deutschland insgesamt rund 36,5 Milliarden Gigabyte. [2] Das entspricht einen durchschnittlichen monatlichen Datenkonsum von 90 Gigabyte pro Breitbandverbindung. [3]

Spätestens seit dem Beginn der „Fridays for Future“ Demonstrationen diskutieren Politiker, Wissenschaftler und gesellschaftliche Akteure intensiv über umweltpolitische Maßnahmen. Interessant dabei festzustellen ist, dass dieser Diskurs sich hauptsächlich auf CO2-Steuer, Emissionshandel und Massentierhaltung fokussiert, die umweltpolitischen Folgen der Digitalisierung aber bisher kaum Beachtung gefunden haben. Dabei bedarf eine nachhaltige Umweltschutzpolitik einer detaillierten Betrachtung der Folgen der Digitalisierung.

Umweltpolitische Digitalagenda des Bundesumweltministeriums

Zumindest konzeptionell wird bereits an dem Thema gearbeitet. Bundesumweltministerin Svenja Schulze stellte auf der re:publica diesen Jahres, Eckpunkte der umweltpolitischen Digitalagenda vor. [4] Diese zehn Eckpunkte können durchaus als erste Vorschläge und Denkanstöße für eine umwelt-, klima- und naturgerechte Digitalisierung dienen. Einige Maßnahmen sind vielversprechend. 

Der Einsatz des Digitalen Monitoring zur Einhaltung des Umweltrechts sowie zur Beobachtung der Umwelt, um beispielsweise den Schwund von Arten und Lebensräumen zu verhindern und die Biodiversität zu bewahren, ist heute bereits technisch möglich. Ähnlich verhält es sich mit dem Energiesparprogramms Green-IT, was dafür gesorgt hat, dass der Energieverbrauch der gesamten IT der Bundesbehörden seit 2009 trotz Leistungssteigerung um fast 60 Prozent gesunken ist.

Das Potenzial der Digitalisierung für den Umweltschutz nutzen 

Paradoxerweise kann der technologische Fortschritt einen erheblichen Beitrag für den Schutz von Umwelt und Natur leisten. Teilweise findet dies sogar heute schon Anwendung. In der industriellen Produktion kann die Digitalisierung Effizienzgewinne beim Einsatz von Ressourcen schaffen. Auch hier dürfen allerdings die Rebound-effekte nicht zu vernachlässigt werden. 

Es wird uns nur gelingen die technologischen Innovationen für den Umweltschutz zu nutzen, wenn wir die Digitalisierung nachhaltig gestalten. Dafür bedarf es klarer Prinzipien und Regeln, die sicherstellen, dass die Digitalisierung Umweltstandards berücksichtigt. Zudem dürfen Kosten-Nutzen-Abwägungen innovativer Technologien nicht nur ökonomische Kriterien unterstellt sein. Die digitale Währung Bitcoin verursachte im Jahr 2018 etwa so viel CO2-Austoß wie Jordanien oder Sri Lanka. Dies verdeutlicht, dass dringend ein Umdenken von Nöten ist.

Auch beim alltäglichen Umgang mit digitalen Technologien können wir als Konsumenten einen Beitrag zum verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen leisten. Ähnlich wie beim freiwilligen Verzicht auf Plastiktüten oder bei der Wahl einer umweltbewussten Ernährung, kann dies ein bedeutender Schritt sein. Heißt es, dass wir auf unsere Lieblingsserie auf Netflix verzichten müssen? Keineswegs! Allerdings ist ein stärkeres Bewusstsein der Konsumenten durchaus notwendig. 

Unser gesellschaftliches Ziel muss es sein, die Digitalisierung umweltfreundlich und nachhaltig zu gestalten. Darin liegt die Chance nicht nur den Umweltschutz vorantreiben, sondern auch erhebliche wirtschaftliche Impulse für Deutschland und Europa zu genieren. Digitalisierung Made in Germany oder Made in Europe kann sich von der US-amerikanischen und Chinesischen Konkurrenz abgrenzen, in dem sie explizit gesellschaftliche Faktoren wie Umweltschutz, ethische Standards und soziale Fragen berücksichtigt.  

[1] Vgl. https://theshiftproject.org/wp-content/uploads/2019/03/Lean-ICT-Report_The-Shift-Project_2019.pdf

[2] Vgl. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/3565/umfrage/datenvolumen-des-breitband-internetverkehrs-in-deutschland-seit-dem-jahr-2001/

[3] Vgl. https://www.statista.com/statistics/469117/broadband-average-data-volume-per-connection-germany/

[4] Vgl. https://www.bmu.de/download/eckpunkte-fuer-eine-umweltpolitische-digitalagenda-des-bmu/