Relaunch der Internetseite offenbart Defizite im E-Government

Lange Warteschlangen in den Frankfurter Bürgerämtern. Bürgerinnen und Bürger ziehen Wartenummern und schauen dann genervt auf die Anzeigetafel, denn es ist klar, dass es mal wieder länger dauert. Leider ist dies ein bekanntes Szenario in Frankfurt. Aber auch wenn man sich schon im Voraus einen Behördentermin geben lässt, muss man ebenfalls wochenlang darauf warten. 

Bei den Frankfurterinnen und Frankfurtern führen diese Missstände häufig zu Enttäuschung und Frustration und das zu Recht. Allerdings muss angemerkt werden, dass nicht die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung für dieses Chaos verantwortlich sind. Vielmehr ist die desaströse Lage das Ergebnis von kommunalpolitischem Versagen im Bereich E-Government. 

Bei der inzwischen gesetzlich vorgeschriebenen Digitalisierung der Verwaltungs­dienst­leistungen kommt es nicht nur auf moderne Technologie an, sondern vor allem und insbesondere auf Nutzerfreundlichkeit. Bei dieser sollen die Nutzerinnen und Nutzer, in dem Fall die Frankfurter Bevölkerung, im Mittelpunkt der angebotenen digitalen Inhalte stehen. Die angebotenen Leistungen müssen sich demnach an den Bedarfen und Lebenslagen der Bürgerinnen und Bürger orientieren. 

Vor wenigen Tagen ist die neue Internetseite der Stadt Frankfurt online gegangen. Groß waren die Erwartungen; wurde doch jahrelang an ihr gearbeitet. Doch schon beim 1. Klick war die Enttäuschung groß. Denn mit dem Relaunch der offiziellen Internetseite wurde die Gelegenheit verpasst, den Zugang zur Stadtverwaltung nutzerfreundlich zu gestalten.

Vor dem Hintergrund, dass die Stadt seit 2012 den Relaunch plant und der IT-Dezernent Jan Schneider (CDU) etwa 1 Mio. Euro dafür ausgegeben hat, hätte man Einiges mehr erwarten können. Das Ergebnis jedoch ist enttäuschend. Lediglich mit dem Design kann man durchaus zufrieden sein. Frankfurt ist wenigstens damit auch endlich einmal in der Gegenwart angekommen.

Doch bei der Nutzung der Seite zeigt sich, dass die Bedienung und Übersichtlichkeit zu wünschen übriglässt:Nutzerfreundlichkeit Fehlanzeige! Auch wenn die alphabetische Sortierung der Leistungen und zur Verfügung stehender Formulare akzeptabel ist, so wäre es viel wichtiger auch eine Sortierung nach Lebenslagen anzubieten. Wer beispielsweise nach Frankfurt zieht oder innerhalb der Stadt umzieht, der benötigt klar und übersichtlich Unterlagen im Meldewesen. Nicht aber dagegen Serviceleistungen im Bereich Wirtschaft und Gewerbe.

Auch die Suchfunktion lässt zu wünschen übrig. Die Ergebnisse sind oft nicht nach Relevanz sortiert und unterliegen keiner erkennbaren Logik. Wer beispielsweise nach Arztpraxen, sucht, die in Frankfurt Schwangerschaftsabbrüche durchführen, wird nicht so schnell fündig. Gibt man den Suchbegriff „Schwangerschaftsabbruch“ ein, so muss man bis zur letzten Ergebnisseite blättern, um die relevanten Informationen zu finden. Liegt dies nun an der politischen Einstellung des CDU-Dezernenten zum Thema Abtreibung oder ist dies ein weiteres Defizit der neuen Internetseite?  

Ein Blick auf den Stand der Digitalen Verwaltung in Frankfurt verdeutlicht, dass es um mehr geht als nur eine nutzerzentrierte Internetseite. Das Angebot an E-Government-Leistungen der Frankfurter Stadtverwaltung ist ernüchternd. Von den 575 Verwaltungsleistungen, die gemäß Onlinezugangsgesetz bis Ende 2022 online angeboten werden sollen, liegen etwa 100 Dienstleistungen in der Verantwortung der Kommunen. Weniger als zwei Jahre vor Ablauf der gesetzlichen Frist werden in Frankfurt gerade mal 20 Verwaltungsleistungen digital angeboten. Dazu gehören die Beantragung einer Verbringungserlaubnis für Waffen über den Frankfurter Flughafen sowie die Beantragung einer gewerblichen Sondernutzung für Sommergärten/Wintergärten. Dies sind nun wahrlich keine Dienstleistungen, die von den Frankfurterinnen und Frankfurtern besonders häufig genutzt werden und die Warteschlangen vor den Ämtern verursachen.   

Der IT-Dezernent Jan Schneider (CDU) begründet den Rückstand mit dem komplexen Rechtssystem in Deutschland sowie der geteilten Verantwortung im Bereich Digitalisierung in Frankfurt. Dabei wurden die gesetzlichen Rahmenbedingungen mit dem Onlinezugangsgesetz (OZG) bereits 2017 klar geregelt. Dieses verpflichtet nämlich Bund, Länder und Kommunen, bis Ende 2022 ihre Verwaltungsleistungen über Onlineportale anzubieten.

Und dabei könnte es, politisch gesehen, so einfach sein: gibt es doch beim E-Government, anders als in anderen Bereichen, kein Kompetenzgerangel im Magistrat. Hier sind die Verantwortlichkeiten klar geregelt. Als Dezernent für Verwaltung und IT sowie oberster Chef der Stabstelle für Digitalisierung ist Jan Schneider (CDU) für das Thema E-Government verantwortlich.

Doch hier klaffen Anspruch und Wirklichkeit weit auseinander. Frankfurt ist eine rasante wachsende internationale Stadt, die zudem noch nach dem Brexit Finanzinstitute und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anlocken möchte. E-Government kann dabei helfen, Amtswege für Bewohnerinnen und Bewohner sowie für die Unternehmen einfacher und effizienter zu gestalten. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen sind vorhanden. Die Verantwortungen in Frankfurt sind klar definiert. Des Weiteren gibt es viele positive Beispiele, wie Wien, Helsinki oder Rotterdam, an denen sich Frankfurt orientieren könnte. Einzig am politischen Willen des IT-Dezernent Jan Schneider (CDU) - oder aber an seiner Fähigkeit, diesen auch in konkrete Verbesserungen für die Frankfurter Bürgerinnen und Bürger umzusetzen - scheint es zu mangeln.