Kommentar zu CETA, TTIP und die EPAs (Economic Partnerships Agreement)

Freihandels- und Investitionsschutzabkommen werden seit ca. 1950 abgeschlossen. In eine Kritik breiten medialen Ausmaßes sind diese jedoch erstmals mit dem Beginn der Verhandlungen eines Abkommens zwischen der EU und den USA gekommen. Hierbei war die geheime Verhandlung des Abkommens, die Absenkung unserer Standards, die Privatisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge sowie die internationalen Schiedsgerichten die zentralen Kritikpunkte.

Diese Kritikpunkte sind zum (großen) Teil durchaus fundiert und haben ihre Berechtigung. Für die weitere Ausgestaltung von internationalen Wirtschafts- und Investitionsschutzabkommen ist diese breite gesellschaftliche und politische Diskussion von erheblichem Vorteil sein. Allerdings hat sich die Kritik bisher weitestgehend auf Freihandelsabkommen mit den nordamerikanischen Staaten beschränkt. Angesichts der zunehmenden Zahl von  Abkommen mit  EU-Beteiligung ist das besonders verwunderlich.

Seit Jahren schließt die EU Handelsverträge, die sog. Economic Partnership Agreements, ab. Die EPAs sind von der EU verhandelte Abkommen über Freihandelszonen zwischen der EU und den 78 AKP-Staaten (meist ehemalige Kolonien in Afrika, Karibik und im Südpazifik). Insbesondere die Handelsverträge mit Entwicklungsländer zerstören nicht nur ganze Wirtschaftszweige sondern gefährden zum Teil die gesamte einheimische Wirtschaft der jeweiligen Länder. Kleine und mittelständische Unternehmen können mit der Konkurrenz aus dem Ausland oftmals nicht mithalten, weil diese ihre Produkte zu einem wesentlich geringeren Preis auf den Markt bringen. Das liegt unter anderem an der verwendeten Spitzentechnologie,  wodurch Kostennachteile bezogen auf die vergleichsweise hohen Kosten für Arbeitsleistung in Industriestaaten kompensiert werden können.

Erschwerend kommen außerdem die milliardenschweren EU-Subventionen der exportstarken Agrarindustrie hinzu. Die Märkte der “kleinen” Handelspartner der EU werden mit europäischen Waren überschwemmt, welche kostengünstiger erworben werden können, als die konkurrierenden einheimischen Produkte. Im Ergebnis können die betroffenen Wirtschaftszweige der Entwicklungsländer nicht mehr aufrechterhalten werden, was zu mehr Ungleichheit, Armut und nicht zuletzt armutsbedingter Flucht führt.

Schließlich wirft die Verhandlungsstrategie der Europäischen Union Fragen auf. Oftmals nutzt die EU die Abhängigkeit vieler Staaten von europäischer Entwicklungshilfe aus. Des Weiteren, untermauert die EU den regionalen Integrationsprozesse, indem sie sowohl mit den Nationalstaaten als auch mit den regionalen Organisation verhandelt. Vor dem Hintergrund, dass in einigen regionalen Wirtschaftsorganisationen eine zweidrittel Mehrheit genügt, um die Verträge zu ratifizieren, ist dies besonders brisant. Somit wird der Zusammenhalt zwischen den Ländern geschwächt und folglich das ihre Verhandlungsmacht reduziert.

Die EPAs und deren Konsequenzen spielen im politischen und gesellschaftlichen Diskurs um CETA und TTIP keinerlei Rolle. Selbst als die Forderung nach der Bekämpfung von Fluchtursachen ins Gespräch kam, hat die Bundesregierung eine Verknüpfung zu den EPAs nicht herstellen können oder wollen. Dabei sollten wir Sozialdemokraten den Anspruch haben, den Welthandel sozial und gerecht zu gestalten und die Handelspolitik als Mittel zur Förderung von Entwicklung und Wohlstand in Entwicklungsländer nutzen.

Wir müssen dieses Thema mit derselben Energie auf die politische Agenda setzen wie die CETA und TTIP Debatte. Die Bundesregierung und die Europäische Union müssen sich dieser Problematik stellen und Lösungen finden. Denn wenn die letzten Jahre uns eins gelehrt haben, dann ist es, dass Probleme anderer Länder in einer globalisierten Welt, recht zügig zu einheimischen Herausforderungen werden können.